Wie munter macht uns die Milch?

 

Nun hängt sie wieder an den Plakatstellen: Unsere Lovely, die Fussball-spielende, Skatebord-fahrende Alleskönnerin, die uns seit Jahrzehnten weismachen will, dass Milch gut für unsere Gesundheit sei. Doch ist die Milch wirklich so gesund und macht sie uns so munter, wie uns die Milchindustrie verspricht?

Plakatsujet vom Milchverband 2013: Lovely geht baden

Milch ist für mich stark mit Geborgenheit und Wärme verbunden. Das weisse, süss und sahnig schmeckende Getränk begleitete mich durch Kinderalltag und Schulzeit wie kein andres Nahrungsmittel. Wir löffelten unsere Frühstücksflocken aus der Milch, wir bekamen eine Ovi zur Stärkung und warme Honigmilch ans Bett, wenn wir Halsweh hatten. Also war immer klar: Milch ist gesund und tut gut. Doch gilt das auch heute noch, für uns Erwachsene?

 

Wichtiges Grundnahrungsmittel

90 Liter Milch trinken wir im Durchschnitt pro Jahr. Mit rund 87% Wasser, 3% Eiweiss, knapp 5 % Kohlenhydraten (Milchzucker) und 0.1-4% Fett (je nach Entrahmungsgrad) – daneben Mineralstoffen und Vitaminen – sind alle Nährstoffgruppen in bedeutender Menge in der Milch vorhanden. Sie eignet sich deshalb gut als Grundnahrungsmittel, vor allem hierzulande, mit einer florierenden Milchwirtschaft. Die Chinesen haben ganz andere Probleme: Sie versuchen ihren steigenden Milchbedarf durch Einfuhr von hunderttausender von Milchkühen zu decken, wissen aber nicht, wo im dicht besiedelten Land das Futter angebaut werden kann.

 

3 Portionen pro Tag

Obwohl flüssig, zählt man die Milch nicht hauptsächlich zu den Getränken. In der Ernährungspyramide wird sie zusammen mit den anderen Milchprodukten als Eiweisslieferant eingeteilt: 3 Portionen pro Tag lautet die offizielle Empfehlung der schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) für Milchprodukte. Dadurch kann ein grosser Teil unseres Eiweissbedarfs, aber auch derjenige an Mineralstoffen, wie Kalzium, gedeckt werden.

 

Kalzium für die Knochen

Zweifelsohne ist die Milch eine wichtige Kalziumquelle. Ein Liter Milch enthält unabhängig von der Fettstufe rund 1.2 g von dem wichtigen Knochenbaustoff. Diese Menge entspricht unserem Tagesbedarf. Das Kalzium findet sich natürlich ebenso in anderen Milchprodukten, so dass wir uns nicht mit einem Liter reiner Milch pro Tag abmühen müssen. Für alle, die keine Milchprodukte mögen, gibt es auch andere Quellen: Kalziumreiche Mineralwasser (> 300 mg/Liter), verschiedene Kohlarten, Bohnen, Brokkoli oder Mandeln. An dieser Stelle ein kleiner Tipp: Vitamin D ist sehr wichtig für die Kalziumaufnahme aus dem Darm und die Einlagerung in die Knochen. Viele Menschen, besonders auch ältere, haben zu tiefe Vitamin D-Spiegel. Vitamin D wird hauptsächlich in der Haut, unter Einfluss von Sonnenlicht gebildet wird. Ein kurzes Sonnenbad täglich hilft die Speicher zu füllen. In sonnenarmen Zeiten lohnt sich für die Meisten der Griff zu Vitamin D-Tröpfchen (rezeptfrei in der Apotheke erhältlich).

 

Nicht für alle gesund

Neben allen positiven Eigenschaften, hat die Milch aber auch Schattenseiten. Der Fettgehalt, gerade in der Vollmilch, kann zu Übergewicht beitragen. Das Milchfett besteht hauptsächlich aus gesättigten Fettsäuren, die für unseren Körper weniger günstig sind als ungesättigte. Auch konsumieren wir tendenziell alle zu viel gesättigte Fette. Ein anderes, weniger bekanntes Problem, ist die Laktose-Unverträglichkeit. Der Milchzucker muss im Darm durch das Enzym Laktase in seine Bausteine, die Glukose und die Galaktose zerlegt werden. Fehlt das Enzym, kann der Milchzucker vom Körper nicht abgebaut und auch nicht aufgenommen werden. Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfälle sind die Folge. Weltweit hat die Mehrheit der Menschen einen Laktase-Mangel und verträgt Milch schlecht. In der Schweiz sind etwa 10-15% betroffen. Bei Laktose-Unverträglichkeit bietet sich das wachsende Sortiment an laktosefreien Produkten an.

 

Die Qual der Wahl

Steht man im Supermarkt vor dem Milchregal, gilt es unter einer Vielzahl von Produkten zu entscheiden: Pasteurisierte Milch oder UHT, Bio ja oder nein, Vollmilch, teilentrahmt, Magermilch, angereichert mit Kalzium und Vitaminen, laktosefrei..? Darüber könnten wir lange diskutieren und ich bin sicher, dass auch Sie Ihr ganz bestimmtes Produkt verteidigen würden. Deshalb meine pragmatischen Empfehlungen:

  • Pasteurisiert oder UHT: Wenn Sie genügend Platz im Kühlschrank haben und regelmässig einkaufen: Greifen Sie zur pasteurisierten Milch (die allenfalls noch von der Frischmilch direkt ab Kuh vom Bauer um die Ecke zu übertreffen wäre). Wenn sie jedoch, wie bei mir zuhause, einen täglichen Verbrauch von ca. 2 Liter abdecken müssen, ist es doch ganz praktisch, Grosspackungen in Grossgebinden zu kaufen und im Keller zu lagern.

  • Bio: Wenn Sie es sich leisten können: klar!

  • Fettstufe: Ausser Sie möchten an Gewicht zulegen bzw. Ihr Milchverbrauch beschränkt sich auf den kleinen „Gutsch“ in den Kaffee: Bevorzugen Sie fettärmere Varianten: das Milchfett ist nicht das gesündeste Fett. Aber quälen Sie sich auch nicht mit der Magermilch, wenn Sie diese nicht mögen. Ich finde auch: Sie schmeckt schrecklich!

  • Angereichert: Wenn Sie das Gefühl haben, durch Ihre Ernährung nicht optimal mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt zu sein: warum nicht. Meist sind diese Produkte aber teurer und in vielen Fällen überflüssig.

  • Laktosefrei: Wenn Sie oben beschriebene Symptome nach dem Milchkonsum feststellen, macht es Sinn, laktosefreie Produkte auszuprobieren.

Als gute Milchkonsumentin habe ich mich schon durch viele Produkte getrunken. Hängen geblieben bin ich seit ein paar Jahren bei der Sojamilch. Rein pflanzlich und keine Milch im eigentlichen Sinn, begleitet sie mich im täglichen Müesli, Tee und Kaffee. Mein Beweggrund ist weniger gesundheitlicher Natur. Nein, ich mag sie einfach lieber: Der nussige, charakteristische Geschmack hat es mir angetan. Meine Familienmitglieder hingegen reagieren mit Nase rümpfen und Unverständnis. Tja, es ist eben alles Geschmackssache.

 

Links

www.swissmilk.ch

www. landwirtschaft.ch

http://www.nzz.ch/aktuell/international/chinas-kinder-trinken-milch-1.16961239

www.sge.ch